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Gambei! – Leeres Glas

10. Oktober 2008

Heute Abend ist dann wieder soweit, eine unglaubliche Woche China liegt hinter mir und der lange Weg zurück nach Deutschland beginnt. Es könnte nochmal spannend werden. Gegen 8 Uhr erwarten wir am Hotel einen von der Familie der Braut organisierten Kleinbus, der uns in das zwei Autostunden entfernte Nanning bringen soll. Wir hätten auch den Linienbus genommen. Aber Widerstand gegen chinesisches Projektmanagement ist zwecklos. Wer schon einmal Erfahrung mit chinesischer Planung gemacht hat, weiß, das Termine eher als grobe Richtlinie zu verstehen sind. Der Plan ändert sich außerdem im Minutentakt, immer verbunden mit lautem Geschrei von mindestens drei Organisatoren, jeder dazu wild gestikulierend und ununterbrochen ein Handy am Ohr.

Hier im südchinesischen Qinzhou sind Ausländer mit langen Nasen eher selten. Wer ein ausgeprägtes Geltungsbedürfnis hat, sollte unbedingt mal hierher kommen und kann sich dann der vollen Aufmerksamkeit aller Umstehenden sicher sein. Im Supermarkt, auf der Straße, im Restaurant – praktisch überall drehen sich die Köpfe, wird gegafft, gekichert, mit dem Finger gezeigt. Als ich in einem Kaufhaus Interesse für eine Hose signalisierte waren ungehend vier Angestellte lautstark bemüht, mich bei der Auswahl zu unterstützen. Weitere kamen hinzu, um sich das Spektakel mit anzusehen.

Beim Thema Kommunikation wird es erwartungsgemäß schwierig. Mit englisch erreicht man in den seltesten Fällen etwas. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Vanessa! Die aus dem acht Autostunden entfernten Kanton extra für die Hochzeitsfeierlichkeiten angereiste Germanistikstudetin war vier Tage lang fast rund um die Uhr unermüdlich im Einsatz um die deutsch-chinesische Kommunikation zu ermöglichen. Trotzdem macht es aus zwischenmenschlichen Gründen natürlich Sinn, sich die eine oder andere chinesische Vokabel anzueignen. Im  Prinzip waren die folgenden drei in den letzten Tagen von essentieller Bedeutung:

Gambei!

Man muss bei den chinesischen Trinkgewohnheiten wirklich von Saufen sprechen. Der populärste Trinkspruch bedeutet ausgerechnet „leeres Glas“ und ist unbedingt wörtlich zu nehmen, nachgeschenkt wird unverzüglich. Wer hier am runden Tisch, an dem immer mindestens zehn Personen sitzen, nicht allzu schnell schlapp macht, kann sich der Symphatie der Runde sicher sein. Wer selbst ein paar mal das Saufkommando ausgerufen hat, gehört praktisch zur Familie. Selten habe ich so viel Herzlichkeit erlebt. Und selten war ich innerhalb einer Woche so oft, na sagen wir zumindest angetrunken.

WC

Die englisch ausgesprochene Abkürzung gehört offensichtlich zum chinesischen Grundwortschatz und führt geradewegs zum nächstgelegenen Klo.

KTV

Des Chinesen Lieblingshobby ist das Singen. Die ebenfalls englisch ausgesprochene Abkürzung KTV führt bei den Umstehenden immer zu heftigem Nicken und großer Freude. Gemeint ist eine Karaokebar-Kette und zu ebenfalls großer Freude trugen die unvermeidlichen Gesangsbeiträge der deutschen Gäste bei.

Und zur Hochzeit selbst? Amazing! Ein Tag voll mit Ritualen, warten und nicht wissen was als nächtes passiert, viel Essen, viel Trinken, viele viele Gäste, ein tolles Hochzeitspaar und um drei Uhr Morgens völlig fertig aus KTV zum Hotel gestolpert und in’s Bett gefallen. Lixia & Niko, Danke für alles!